Mit Gottvertrauen und großem Können
Berchtesgaden – Der Jugendchor St. Marien aus Greiz und das Junge Instrumentalensemble haben bei einem Konzert in der Berchtesgadener Christuskirche das Publikum begeistert. Vor einem Jahr war ihnen das schon einmal gelungen.
Die Ensembles und das Konzert stehen unter der Leitung von Kantor Ralf Stiller, der in seinem »früheren Musikleben« rund eineinhalb Jahrzehnte an der CJD-Christophorusschule als Musiklehrer arbeitete und darüber hinaus immer wieder in Konzerten und anderen Veranstaltungen Glanzpunkte zu setzen verstand, die ihm offensichtlich auch eine Fangemeinde bescherte, auf die Stiller sich immer noch verlassen darf.
Das Jugend-Ensemble, das Ralf Stiller um sich gescharrt hat, ist relativ klein. Was Staunen macht bei der immensen Vielfalt und Fülle, die das knapp eineinhalbstündige Konzert bietet. Die Chorsänger sind zum Teil auch Streicher, spielen Saxofon, Flöte oder Trompete. Das ist ein Geheimnis des Erfolges. Nun ist das thüringische, gut 20 000 Einwohner zählende Greiz eine sehenswerte, aber nicht außergewöhnlich musikalische Stadt mit überdurchschnittlich vielen Talenten. Der Zuhörer staunt, wie es Stiller in etwa vier Jahren seines Wirkens in Greiz gelungen ist, ein solch spielfreudiges und auf absolut hohem Niveau musizierendes Ensemble zu formen.
Ein »Festlicher Ruf« von Georg Friedrich Händel eröffnet das Konzert und Ralf Stiller ist mittendrin im Blechbläserquintett. Gleich darauf wird er Chorleiter, wenn ein gutes Dutzend Sänger Peter Tschaikowskis »Gospodi pomiluj« in russischer Originalsprache vortragen, in großartiger Abstimmung zwischen den Tonlagen.
Es ist eine kleine Inszenierung, der das Publikum beiwohnen darf. Den Rahmen bildet Händels »Suite für Trompete und Kammerorchester in D-Dur«, dann kommt der Chor und brilliert mit Claudio Crassinis Kyrie aus der »Missa Prima« zum »Weinen schön«. Dann übernehmen wieder Orgel, Streicher und Trompete das Heft des Handelns. Plötzlich ist der Chor wieder da, wie aus dem Nichts lautlos im Bild. Gounods Kyrie, zwei Geiger verblüffen im Altarraum mit Joseph Haydns Duo für zwei Violinen, ehe aus anderer Richtung Flötentöne in den Kirchenraum schweben, dann wieder Händel, die beiden letzten Sätze aus seiner »Suite«.
Und mittendrin der Regisseur Ralf Stiller. Mitunter nur rückseitig zu sehen, über das Orgelpult gebeugt, dann wieder in der ersten Reihe am Klavier, präzise die Einsätze gebend. Alles geht schnell. Nach dem letzten Ton eines Stückes lockert sich die Spannung im Gesicht, er lächelt, kurz, manchmal, und wenn es wohl genau seinen Vorstellungen entsprochen hat, zeigt er seinen Sängern und Musikern gewissermaßen als Belohnung zwischendurch, den erhobenen Daumen, flüchtig, fast verstohlen.
Mit dem Beifall in Kirchenkonzerten ist es immer so eine Sache. Darf man, darf man nicht? Aber nach anfänglicher Zurückhaltung muss man wohl. Das lockert die Atmosphäre auf, öffnet den Raum für Johann Walters »Allein auf Gott will ich vertrauen« und dann »Nun bitten wir den heiligen Geist«, Ausflüge in die unmittelbare Reformationsgeschichte, denn der Thüringer Komponist und Texter wirkte unweit von Greiz und war ein Vertrauter und Mitarbeiter Martin Luthers.
Am Ende mündet das Programm in moderner Regionen. »Ein feste Burg ist unser Gott« klingt nur zu Beginn wie das vertraute Lutherlied, wird dann abrupt jazziger mit Percussion und einer zum Saxofon greifenden jungen Chorfrau. Der Komponist heißt Gerhard Luchterhand, der sich auch dem überlieferten »Herr Jesu Christ, dich zu uns wend« annahm und in eine Form brachte, die möglicherweise leichter in junge Ohren eindringt.
Gospelartig wird es dann, irisch mit »Evening rise«, ehe das komplette Ensemble, das Publikum animierend mit »Der Mond ist aufgegangen« das Finale einleitet, das sich dann noch etwas ausstreckt mit »Kein schöner Land« und dann endlich dem stürmischen Beifall freies Feld lässt.
Ein Berchtesgadener Reformationsbier mit Krug gibt es für den Kantor Stiller von Pfarrer Peter Schulz und unter anderem den Hinweis, dass die schon länger segensreich wirkende »Dr. Heinz und Maria Loewe-Stiftung« Wesentliches beitrug, um die mindestens 600 Kilometer von Berchtesgaden entfernt lebenden Sänger und Musiker zu diesem Konzert zu bitten. Dieter Meister
Quelle: Berchtesgadener Anzeiger